Erstellt: 11.10.2013 | Landgericht Chemnitz verurteilt Rechtschutzversicherung zur Übernahme der Prozesskosten gegen Dritte, welche aus der fehlerhaften Rückabwicklung von Kapitalanlagemodellen resultieren

Die Kläger hatten im Jahr 1999 die Beteiligung an dem SP Sachwert + Fonds Nr. 8 KG, einem geschlossenen Immobilienfonds, gezeichnet und über die insolvente BFI-Bank finanziert. Im Jahr 2005 schlossen sie mit dem Insolvenzverwalter der Bank einen Vergleich, aus dem keine wechselseitigen Zahlungsverpflichtungen resultierten. In dessen Folge änderte das Finanzamt unter anderem den für 2005 schon ergangenen Einkommensteuerbescheid rückwirkend im Jahr 2010 ab und forderte eine erhebliche Steuernachzahlung.

Der mit der Überprüfung beauftragte Steuerberater legte keinen Einspruch ein. Nach Auffassung der Kläger war dies fehlerhaft, weil eine Versteuerung im Zuge der Rückabwicklung gescheiterter Beteiligungen an Immobilienfonds, bei denen die gezahlte Einlage, das Darlehen oder Zinsen nicht zurückgewährt werden, auch nicht zu erfolgen habe. Denn in diesem Fall liegt kein Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 I EStG vor. Deshalb bestünden Schadensersatzansprüche gegenüber dem Steuerberater, wofür sie von der Rechtschutzversicherung erfolglos die Übernahme der Prozesskosten verlangten. Diese berief sich auf einen vereinbarten Risikoausschluss „im Zusammenhang mit der eigenen Vermögensverwaltung unter Aufnahme von Fremdmitteln" (§ 26 I S. 4 ARB 1975/2002 der Concordia Rechtsschutz-Versicherung AG), welcher auch die vorliegende Konstellation erfassen würde.

Mit Urteil vom 20.09.2013 hat das Landgericht Chemnitz im Berufungsverfahren ein anders lautendes Urteil des Amtsgerichtes Chemnitz aufgehoben und die Versicherung zur Deckung der Kosten verurteilt. Es stellt fest, dass eine Rechtschutzversicherung trotz der für sich genommen wirksamen Ausschlussklausel verpflichtet ist, für Schadensersatzansprüche gegenüber Dritten, wie Steuerberatern, welche aus möglichen fehlerhaften Rückabwicklungen von Anlagemodellen resultieren, die Kostendeckung zu übernehmen. Es begründet seine Entscheidung unter anderem damit, dass kein natürliches und feststehendes Begriffsverständnis vorhanden ist, was unter „im Zusammenhang" zu verstehen ist. Die Ausschlussklausel darf nicht weiter ausgedehnt werden, als es Sinn und Zweck und durch den Ausdruck der Worte für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar ist. Das Risiko der Unbestimmtheit gehe zu ihren Lasten. Zwar meinte das Landgericht, dass der Begriff „Vermögensverwaltung" als solches die ursprünglichen Auseinandersetzungen mit der kreditgebenden Bank, den Emittenten der Anlage und in steuerlicher Hinsicht zum Zeitpunkt der Zeichnung der Anlage von der Deckungspflicht ausnehmen würde, was auch für einen Versicherungsnehmer erkennbar sei. Dies gelte aber nicht für Folgeansprüche mehr als 10 Jahre nach der Zeichnung, welche erst aus der Rückabwicklung der ursprünglichen Kapitalanlage resultieren.

In einem ähnlich gelagerten Fall hatte der Bundesgerichtshof zu Gunsten der Versicherungsnehmer entschieden (NJW-RR 1986,104), weil dort „ein unmittelbarer Zusammenhang" in den ARB gefordert worden war, um zum Risikoausschluss zu gelangen.
Vorliegend ergänzt das Landgericht Chemnitz diese Rechtsprechung auch in Bezug auf die Formulierung "im Zusammenhang".



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