Insolvenz der Project-Gruppe Nürnberg
Die in Deutschland und Österreich tätige Project-Immobiliengruppe hatte am 14.08.2023 Antrag auf Regelinsolvenz beim zuständigen Amtsgericht in Bamberg gestellt. In der Folge wurden weitere gesellschaftsrechtlich oder wirtschaftlich verbundene Unternehmen der Projectgruppe insolvent.
Informationen des Insolvenzverwalters
Der Insolvenzverwalter Volker Böhm von der Anwaltskanzlei Schulze & Braun ließ in einer Presseerklärung vom 08.09.2023 mitteilen, dass man nach Abschluss der Bestandsaufnahme entscheiden werde, ob und für welche Gesellschaften gute Fortführungsaussichten bestehen. Ihm gehe es maßgeblich um Schadensbegrenzung für die betroffenen Käufer von Wohnungen und den Anlegern.
Seit Dezember 2023 wird versucht, die ersten 35 Grundstücke in einem Bieterverfahren über das Münchner Maklerunternehmen BGA Invest zu veräußern. Erfasst sind 23 unbebaute Grundstücke, 5 bei denen Bauarbeiten begonnen hatten und 7 Objekte mit überwiegend gewerblicher Nutzung.
Schon bestehende Kaufverträge sollen in diesem Zusammenhang aufgelöst und die geleisteten Anzahlungen aus dem Erlös des Weiterverkaufs erstattet werden.
Situation für Käufer
Die Situation für die Käufer von Wohnungen und Anleger der jeweiligen Investmentgesellschaften (AIF) ist äußerst unterschiedlich und lässt sich folglich nicht einheitlich beantworten.
Für die Käufer von Wohnungen wird es darauf ankommen, ob der Insolvenzverwalter eine Fertigstellung gewährleisten kann oder ob bei Weiterverkauf des unfertigen Projekts eine Erstattung der geleisteten Anzahlungen erfolgen kann. Je nach Angebot an die Käufer durch den Insolvenzverwalter erscheint die Einholung rechtlicher Unterstützung sinnvoll, um wirtschaftliche Nachteile nach Möglichkeit zu vermeiden.
Situation für Anleger
Für die Anleger der Investmentgesellschaften (Investmentfonds oder auch AIF) ist die finanzielle und rechtliche Situation wesentlich komplexer.
Nach den Prospektangaben sollte in die Entwicklung von Wohnimmobilien bzw. deren Sanierung in den Metropolregionen Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main, Nürnberg, München, Düsseldorf, Köln und Wien investiert werden. Vermeintlich betrage die durchschnittliche Projektrendite 12 % pro Jahr. Die Investmentfonds erwarben aber kein Immobilieneigentum, sondern beteiligten sich wiederum an Projektgesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Nur diese wiederum investierten in verschiedene Bauvorhaben, welche nach dem letzten veröffentlichten Investmentreport einen äußerst unterschiedlichen Planungs- und Ausführungsstand aufweisen und auch zum Teil vom ersten Bieterverfahren des Insolvenzverwalters erfasst sind.
Zum Verständnis der rechtlichen und finanziellen Zusammenhänge ist festzuhalten, dass sich die Project-Gruppe bei der Ausführung einzelner Baumaßnahmen die Bauträger-Zwischenfinanzierung für die Zeit vom Grundstückserwerb bis zum immer beabsichtigten Verkauf aller Wohn- und Gewerbeeinheiten ersparte. Diese Zwischenfinanzierung stellte praktisch der Anleger des Investmentfonds, vermittelnd über die Projektgesellschaften, zur Verfügung.
Nach vorläufiger Ansicht sind die Anleger möglicherweise über die daraus resultierenden wirtschaftlichen Gefahren und rechtlichen Abhängigkeiten nicht gehörig aufgeklärt worden. Denn in den Prospekten wird suggeriert, dass durch die Konzentration auf die Investitionen in Metropolregionen das Ausfallrisiko äußerst gering ist.
Nur ein Erwerb der Immobilien durch den Investmentfonds selbst erfolgte nicht.
Nur soweit die Investmentfonds ihre Investitionsphase zum Zeitpunkt der Insolvenz der Project-Gruppe abgeschlossen hatten, droht diesen selbst nur dann die Insolvenzgefahr, wenn die Komplementär-GmbH ebenso Insolvenz geht, keine Erträge mehr von jener GmbH & Co. KG eingehen, in welchen investiert wurde (z.B. bei deren Insolvenz) oder Kapital der Investmentgesellschaft in der Krise der Project-Gruppe zweckentfremdet worden sein sollte.
Im Dezember 2023 hat zu letzteren die Kapitalverwaltungsgesellschaft, Projekt Investment AG, Strafanzeige gegen das Management der Project-Gruppe gestellt, weil in Höhe von 1,8 Millionen € nicht erbrachte Leistungen gegenüber den Projektgesellschaften abgerechnet worden seien, was letztlich auch die Investmentfonds geschädigt habe.
Auswirkungen der Insolvenz auf den Nettoinventarwert(NAV)
Konsequenz wird jedenfalls sein, dass die versprochene Rendite nicht mehr realisiert werden kann. So hatte die Anlegerverwaltung schon am 04.09.2023 angekündigt, dass die vom Gewinn unabhängigen Entnahmen ausgesetzt werden. Wieder aufgenommen wurde die Zahlung bis heute nicht und damit ist auch nicht mehr zu rechnen.
Es besteht die Gefahr, dass auch das investierte Kapital nicht oder nicht mehr vollständig zurückgezahlt wird.
Der Großteil der Projektgesellschaften ist insolvent, so dass üblicher Weise bis zum Abschluss deren Insolvenzverfahren die Investmentfonds der Anleger keine Einnahmen mehr erzielen können. Ob dem entgegen beim Abverkauf einzelner Immobilien der Insolvenzverwalter vorab eine Quotenzahlung leisten kann, ist offen und nicht vorherzusagen.
Zukünftige Zahlungsschwierigkeiten eines Investmentfonds sind folglich nicht ausgeschlossen, so dass es auch dazu kommen könnte, dass Gewinn unabhängig geleistete Auszahlungen wieder zurückzuzahlen sind.
Konsequenz aus der Insolvenz der Projektgesellschaften ist weiter, dass der Nettoinventarwert (NAV) der Fondsbeteiligungen erheblich abgewertet werden wird und damit die Anleger voraussichtlich Verluste erleiden werden.
Im Geschäftsbericht vom 06.12.2023 zur PROJECT Metropolen 20 geschlossene Investment GmbH & Co. KG wird z.B. ausgeführt, das "sowohl beim Verkauf der unbebauten Grundstücke als auch der bereits im Bau befindlichen und noch nicht (vollständig) verkauften Immobilienentwicklungen mit deutlichen Preisabschlägen im Vergleich zu den bislang erwarteten Verkaufspreisen gerechnet werden" muss.
"Selbst wenn das notwendige Kapital vorhanden wäre, ist eine spekulative Entwicklung von Grundstücken in der jetzigen unsicheren Marktphase mit sehr hohen Risiken verbunden. Auch wenn insbesondere die Fortführung bereits begonnener Bauprojekte einen schadenmindernden Charakter haben sollte, werden die Kapitalrückflüsse aus den Objektgesellschaften voraussichtlich deutlich geringer ausfallen, als ursprünglich kalkuliert."
Nur zu Höhe der Verluste je Investmentfonds lässt sich derzeit noch keine Aussage treffen, weil dies von den zukünftigen Entwicklungen abhängig ist.
Was können Anleger tun?
Handlungsalternativen bestehen hauptsächlich in zwei Richtungen.
Im Verhältnis zum Investmentfonds wäre anhand der Veröffentlichungen zum Jahresabschluss 2022 zu prüfen, ob nicht die Abhaltung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung sinnvoll ist. Hierbei wäre darüber zu entscheiden, ob es wirtschaftlich günstiger ist, die Liquidation zu beschließen, weil ggf. der Geschäftszweck nicht mehr erreicht werden kann. Dies kann je Investmentfonds auch unterschiedlich zu beurteilen sein. Zu überdenken ist auch, ob man die Beteiligung fristlos kündigt.
Gegenüber der PROJECT Investement AG als Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) und dem Vermittler/der Vermittlerin sind Schadensersatzansprüche denkbar. Hierzu ist für jeden Anleger individuell zu prüfen, ob die Anlageempfehlung für ihn persönlich geeignet war, der Prospekt mit Risikohinweisen rechtzeitig vor der Zeichnung übergeben worden ist, die Risikohinweise vollständig und richtig erteilt worden sind und gegebenenfalls welche anderen Beratungsfehler vorgelegen haben.
Nur durch die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im vorstehenden Sinne kann der zukünftig entstehende Verlust ausgeglichen werden und nicht gegenüber dem Investmentfonds.
Die Schadenersatzansprüche verjähren frühestens drei Jahre ab Kenntnis vom Schaden und der Falschberatung, spätestens aber zehn Jahre nach dem Beginn der Beratung. Es ist deshalb nicht zu empfehlen abzuwarten, wie sich die wirtschaftliche Situation des Investmentfonds zukünftig darstellt. Denn die Verjährung kann unter Umständen zeitnah eintreten.
Für die individuelle Prüfung steht der Unterzeichner gern zur Verfügung.
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10.01.2024