Erstellt: 05.06.2007 | Bundesgerichtshof
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Aufklärungspflicht des Vermittlers über Innenprovisionen - Zurechnung an die Bank
Urteil vom 05.06.2007, Az.: XI ZR 348/05
Der 11. Senat des BGH hat sich mit seinem Urteil vom 05.06.2007, Az.: XI ZR 348/05 der Rechtsprechung des 3. Senats zur Aufklärungspflicht des Vermittlers über falsch angegebene bzw. verborgene Innenprovisionen angeschlossen.
Es hat keinen Einfluss auf die Aufklärungspflicht des Vermittlers im Jahr 1991, dass die zusätzliche Provision nicht aus Mitteln der Fondsgesellschaft sondern aus den Mitteln der WGS GmbH, einer der beiden Gründungsgesellschafterinnen der Fondsgesellschaft, geflossen ist.
Entsprechend der neuen Rechtsprechung des 11. Senats, nach den Urteilen vom 25.04.2006, Az.: XI ZR 193/04 und 16.5.2006, Az.: XI ZR 6/04 kann jedoch nur ein vorsätzliches Verhalten des Vermittlers beim verbundenen Geschäft oder institutionalisierten Zusammenwirken der Bank entgegengehalten werden. Dabei sei der Stand der Rechtsprechung zu den verborgenen Innenprovisionen im Jahr des Vertragsabschlusses zu berücksichtigen und dass ein Rechtsirrtum den Vorsatz ausschließt.
Letztere Feststellung des 11. Senats ist jedoch außerordentlich problematisch. Hinsichtlich der Aufklärungspflicht des Vermittlers zu Falschangaben in den Prospekten handelt es sich um die Frage, ob eine arglistige Täuschung gemäß § 123 BGB oder auch Betrug gemäß § 263 StGB vorliegt oder nicht. Insoweit hat der Gesetzgeber aber eindeutig festgelegt, dass der Rechtsirrtum grundsätzlich den Vorsatz des Täters nicht ausschließt (vgl. § 17 StGB). Nur der Tatsachenirrtum gemäß § 16 StGB führt zum Vorsatzausschluss. Es ist eine grundlegende Entscheidung des Gesetzgebers, dass der Täter, der sich gegen die Wertungen des Gesetzgebers stellt, nicht vom Vorwurf des Vorsatzes entlastet wird. Vorsatz bedeutet insoweit nur, dass der Täter sämtliche Tatbestandsmerkmale, die zur Verwirklichung des Straftatbestandes gehören, kennt. Ob er weiß, dass dies verboten ist, ist grundsätzlich nicht maßgeblich. Würde man daher dieser apodiktischen Feststellung des BGH folgen, dass der Rechtsirrtum den Vorsatz ausschließt, könnte die abstruse Situation eintreten, dass der Vermittler (oder der Verkäufer) wegen Betruges zu verurteilen ist, da ein Rechtsirrtum insoweit vermeidbar war (vgl. § 17 StGB), der Bank jedoch dieses Verhalten mangels Vorsatz nicht zuzurechnen sei, da zivilrechtlich der Vermittler sich im Rechtsirrtum befunden habe. Ein unhaltbarer Widerspruch!
Der 11. Senat verwies zur Begründung seiner Auffassung auf ältere Entscheidungen des BGH, in denen angeblich diese Frage entschieden worden sei. Dabei handelte es sich aber ausschließlich um Entscheidungen zu § 839 BGB (Amtspflichtverletzung). Generell kommt es auf diese Frage im Zivilrecht nicht entscheidend an, da hier die Haftung auf Schadenersatz unabhängig davon eintritt, ob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt wurde.
Dagegen ist jedoch die Rechtsprechung, wann eine arglistige Täuschung im Rahmen des § 123 BGB anzunehmen ist, außerordentlich weit. So wird z.B. selbst bei gutem Glauben Arglist angenommen, wenn jemand ins Blaue hinein objektiv unrichtige Erklärungen abgibt und dabei das Fehlen einer zuverlässigen Beurteilungsgrundlage nicht offen legt (BGH NJW 1980, 2460; 81, 1441).
Wie soll also der Vermittler glaubhaft machen, dass er nicht wusste, dass falsche Angaben in einem Prospekt, gegenüber dem Anleger aufzuklären sind? Ohne dass man ein juristisches Studium absolviert haben muss, dürfte es wohl Allgemeingut sein, dass jeder Verkäufer bzw. Vermittler bei jeglichem Kaufvertrag unrichtige Angaben in den Verkaufsunterlagen bzw. mündlich geäußerte falsche Aussagen, richtig zu stellen hat. Wie hierüber jemand irren können soll, ist schwer vorstellbar.