Erstellt: 25.07.2011 | Citibank / Targobank
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Widerruf aller gekoppelten Darlehens- und Restschuld- versicherungverträge bei Kettenumschuldungen möglich
Der BGH hatte mit Grundsatzurteil vom 15.12.2009 (Az.: XI ZR 45/09) entschieden, dass ein Darlehnsvertrag und ein Restschuldversicherungsvertrag ein verbundenes Geschäft darstellen können. Deshalb muss die Widerrufsbelehrung in beiden Verträgen gem. § 358 Abs. 5 BGB auf die Widerrufsfolgen gem. § 358 Abs. 1 und 2 BGB hinweisen, was meistens bei den Verträgen der ehemaligen Citibank, heute Targobank, nicht beachtet worden ist.
Die Citibank hatte einer Rentnerin 4 mal in Folge neue Darlehensverträge angeboten und jedesmal den vorherigen komplett umgeschuldet (Kettenumschuldungen). Dabei stieg mit jedem neuen Vertrag der Darlehensbetrag als auch die Prämie der vorgesehenen Restschuldversicherung stark an. Diese Prämie wurde mitfinanziert und erhöhte somit die Darlehensschuld und Zinsen, was äußerst nachteilig ist.
Das OLG Dresden bestätigte in der mündlichen Verhandlung am 21.07.2011, dass jeder der 4 Darlehens- und Restschuld- versicherungverträge wegen der falschen Belehrungen (Verstoß gegen § 358 Abs. 5 BGB, s.o.) trotz schon erfolgter Umschuldung noch widerrufen werden konnte. Der entgegengesetzten Auffassung der Bank, dass nur noch der letzte Vertrag widerrufen werden könne, folgte das OLG nicht. Denn das Widerrufsrecht ist gemäß § 355 Abs. 4 S. 3 BGB seit dem 01.01.2003 zeitlich nicht mehr begrenzt (BGH, Urteil vom 24.11.2009, XI ZR 260/08).
Auch §§ 8, 48 c VVG a.F. schließen nach dem OLG den Widerruf nicht aus, insoweit würde § 358 BGB als Spezialgesetz vorrangig sein (BGH XI ZR 45/09, Tz.13 f.).
Es ist auch kein Wertersatz für eine "verbrauchte" Restschuldversicherung zu leisten für die zurückliegende Zeit, als der Versicherungsschutz bestand. Einen derartigen Wertersatz hat auch der BGH in seinem Urteil vom 18.01.2011, XI ZR 356/09, Tz. 26, wo er zu den Widerrufsfolgen ausführt, nicht erwähnt.
Anders als noch das Landgericht Zwickau feststellte, sei der ausgezahlte Nettodarlehensbetrag aber marktüblich zu verzinsen. Hier wendete das OLG den Durchschnitts-Zinssatz nach der EWU-Zinsstatistik an, was im konkreten Fall eine beträchtliche Reduzierung bedeutete. Die Bank drang hier mit ihrer Argumentation, wonach der vereinbarte Zins auch der marktübliche sei, nicht durch.
Im Ergebnis schuldete die Darlehensnehmerin nach der Berechnung des OLG nur noch einen geringen Teil des von der Bank eingeklagten Betrages. Der Rechtsstreit wurde durch Vergleich beendet. Die Bank hat den Großteil der Prozesskosten zu tragen.
Fazit:
Der Widerruf von Darlehensverträgen mit verbundener Restschuldversicherung ist auch heute noch möglich, da die Widerrufsbelehrungen in der Regel falsch sind. Der Teil des Darlehens, der auf die Versicherungsprämie entfällt ist nicht zurückzuzahlen. Je höher der Zinssatz des Darlehens über dem der EWU Zinsstatistik liegt, um so größer ist die Zinsersparnis. Die Zinsen selbst berechnen sich nur aus dem tatsächlich an den Verbraucher ausgezahlten Darlehensteilen von jedem Ketten- darlehensvertrag. Dies kann je nach Höhe der Versicherungsprämie und Zinsabweichung zu einer Reduzierung der Gesamtschuld (Zins+Tilgung) von bis zu 50 % führen.
Wiegleb
Rechtsanwalt